Pianistin Anna Tyshayeva und Pastor Uwe Saßnowski
"Musik und Texte zur Passion"
Das Konzert fand am 06. März 2016 statt.
Musik und Texte zur Passion
Die Ausnahmepianistin Anna Tyshayeva gestaltete gemeinsam mit Pastor Uwe Saßnowski, der Passionstexte las, den Abend. Als Einstimmung spielte die Künstlerin auf der Orgel J.S. Bachs Präludium und Fuge in G-Dur überzeugend und einfühlsam. Auf die harten Schlussworte aus Lukas 9,51-53 "Aber man nahm ihn, Jesus, nicht auf", antwortete die Pianistin auf dem Klavier mit Franz Liszts "Sonetteo del Petrarca Nr. 104". Sie nahm die Zuhörer mit auf eine Reise, fragend, suchend, um Antwort ringend und voller Sehnsucht. Verhalten klangen die letzten Akkorde aus, so, als ob sie Jesus auf dem Weg nach Jerusalem begleiten würde.
Den Worten aus Jesaja 52, 13-15 schloss sich eine Meditation von Eugen Eckert an.
Wie Schläge prasselte der Cantus firmus in der rechten Hand in Bachs c-moll Präludium nieder.
Ein Vorgeschmack auf die Marter Jesu. Das C-Dur Präludium des großen Thomaskantors interpretierte die Künstlerin
als ein einziges Gebet, das in der anschließenden Siciliano, ebenfalls von J.S.Bach und von ihr arrangiert,
durch das sich ständig wiederholenden Leitmotiv in einem fragenden Akkord sehnsuchtsvoll endete.
Jesus stand vor Pilatus und die Massen grölten in den Versen aus Lukas 23,13-18 "ans Kreuz mit ihm".
Betroffen schrieb Kurt Rose als Antwort "ich gehöre dazu, mit den Rufern". Die erschütternde Szene spiegelte
sich in Sergej Rachmaninovs Allegro scherzando aus dem 2. Klavierkonzert wieder. Den Konflikt zwischen Pilatus
und dem aufgewühlten Volk demonstrierte der Dialog von linker und rechter Hand in heftigstem Widerstreit,
in dem sich die Stimmen überschlugen.
Dazwischen ein Atemholen, das in einen fulminanten Schluss voller Emotionen mündet. Pilatus hat nachgegeben, die Hinrichtung steht bevor. Das Volk jubelt. "Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist..."die Kreuzigung ist vollbracht. Gedanken von Kurt Ihlenfeld ergänzen den Lukastext (23,44-48). Anna Tyshayeva antwortete mit Franz Liszt Auszug aus den "Années de pèlerinage: Vallee d' Obermann" voller Trauer und Melancholie, voller Zweifel und Anklagen.
Harte, fordernde Stakkati in der linken Hand, folgten innige Fragen der rechten Hand, schnellen Appreggien geben die Antwort. Donnergrollen der linken Hand kündigte das Unheil an, steigerte sich ins Explosive, hämmerte Stakkati, bis die rechte Hand mit einer schlichten Melodie antwortete. Die Eruption ging über in ein Zuschauen und Beobachten. Ein letztes musikalisches Aufbäumen in der Coda, der ein zaghaftes Hoffnungslichtlein nachklang.
Mit Bachs h-moll Präludium endet die Passionsandacht. Seufzende Halbtonschritte, ein klagender Cantus firmus
als versteckter Choral, mündeten in einen aufseufzenden Schlussakkord. Stille.
Dann der hochverdiente Applaus für die Künstlerin, die so voller Innigkeit die Passionstexte musikalisch
interpretierte, dass die Zuhörer die Leidensgeschichte miterleben konnten.
Der Geigenbauer Martin Schleske sagte: Musik ist in Tönen geformtes Gebet. Genau das war es.